Aktien
Entwicklungen im ersten Quartal 2022:
S&P 500 (USA) -5,00% (in USD)
Nasdaq (Technologie) -9,09% (in USD)
DAX -9,54%
MSCI Emerging Markets -6,73% (in USD)
- einer der schlechtesten Börsenstarts aller Zeiten
- Insbesondere „Risikoassets“ wurden weiter stark verkauft z.B.:
- Technologie Wachstumswerte
- Chinesische Aktien
- Kryptowährungen
- etc.
- Stimmungsindikatoren zeigten maximalen Pessimismus Mitte März
- seitdem Erholungsbewegung
- Russische Zentralbank erhöht Leitzins von 9,50% auf 20% um Rubel Verfall aufzuhalten. In der Spitze war dieser um fast 40% eingebrochen, konnte sich danach jedoch wieder stark erholen.
- Wirtschaftssituation Russlands leider aufgrund des hohen Öl & Gaspreises besser als von vielen vermutet („Russland wird dieses Jahr Rekordeinnahmen haben“)
- Zu Kriegsbeginn lange Schlangen vor Geldautomaten in Ukraine und Russland
- in Ukraine zunächst Abhebungslimit von ca. 3.039€/Tag, Russland max. 10.000,- USD bis September
- Zeigt Schwächen unseres Geldsystems in Krisenzeiten
- Kryptowährungen waren die einzige sichere Möglichkeit schnell größere Vermögenswerte zu transferieren
- für Ukrainer
- für ukrainische Regierung
- Spendengelder
- für Russen und russische Oligarchen?
- Positive Signale der Regulierungsbehörden in den USA und Europa für digitale Währungen werden Massenadaption weiter beflügeln
Wirtschaftliche Herausforderungen
- Krieg führt zu einer Verschärfung der Lieferkettenengpässe
- steigende Preise bei Rohstoffen und Lebensmitteln
- dadurch weiter höhere Inflationszahlen erwartet (USA aktuell 7,90%, Europa 5,90%)
- Wirtschaftswachstum 2022 in USA von 4% auf 2,80%; in D von 4,6% auf 1,8% gesenkt
- US-Notenbank Kommunikation weiter aggressiv -> Zinserhöhungen
- stark steigende Zinsen könnten US-Hauspreise unter Druck bringen
- EZB lässt Anleihen Ankäufe auslaufen und hält sich so die Option offen, Zinsen im Jahresverlauf erhöhen zu können. Jedoch eher unwahrscheinlich aufgrund der negativen wirtschaftlichen Folgen des Kriegs für Europa.
- Europa insbesondere Deutschland trifft es wirtschaftlich besonders hart
- Nicht nachvollziehbare Null Covid Strategie der Chinesen
- Shanghai Lockdown zusätzlich problematisch für Lieferketten
- Chinas Wirtschaft dadurch weiterhin beeinträchtigt
- Rückschläge in den Verhandlungen oder Eskalation des Kriegs hätten sehr negative Auswirkungen auf die Börsen
Positive Aspekte
- US-Wirtschaft profitiert wegen großer Energieunabhängigkeit sowie größerer Energieexporte
- US-Börsen geben den Ton für die Weltbörsen an
- Pessimismus Tief wahrscheinlich hinter uns
- Risiko für NATO-Eingriff, 3. Weltkrieg, Atomkonflikt, etc. gesunken
- Sehr negative Erwartungen was Notenbank-Zinserhöhungsschritte betrifft (7 Zinsschritte). Sollten Notenbanken weniger aggressiv erhöhen, weiteres Erholungspotential für Aktien
- Positive Entwicklungen im Kriegsverlauf könnten Börsen beflügeln. Aktuell sieht es wegen der steigenden Kurse so aus, als ob der Markt von einer Einigung im Konflikt ausgeht.
- Chinas Zentralbank wird im 2. Quartal wahrscheinlich durch Zinssenkungen und gezielte Investitionen Wirtschaft weiter stimulieren (nach Zinssenkungen im Dezember und Januar auf aktuell 3,70% Leitzins)
- Nachholeffekte durch (hoffentlich) globales Pandemieende
- Die Börsen schauen immer in die Zukunft. Der Krieg ist „eingepreist“. Jetzt stellt sich die Frage, was kommt danach?
Vormachtstellung des US-Dollar nimmt weiter ab
- vor der Krise hatte Russland die 4. größte USD Währungsreserve weltweit
- Von ca. 643 Milliarden USD Reserven der russischen Zentralbank wurden ca. 388 Milliarden, die bei ausländischen Zentralbanken gelagert waren, eingefroren.
- China und andere Länder mit hohen USD Reserven dürften diesen Schritt mit „Interesse“ beobachtet haben
- daraufhin kündigte Saudi-Arabien an ggf. Öl in chinesischen Yuan zu veräußern
- könnte Motivation anderer Zentralbanken (insbesondere China) erhöhen, mehr in Sachwerte außerhalb des USD zu investieren wie z.B. Gold, Rohstoffe und vielleicht sogar bald Bitcoin & Co.
- dies würde Inflationsdruck in den USA verschärfen
- Interessante Berichte:
Bretton Woods III – a new world monetary order
IMF Report: The Stealth Erosion of Dollar Dominance
Wie kann eine neue Weltordnung aussehen?
- geringe Anzahl an Ländern halten sich mehr oder weniger neutral und beteiligen sich nicht an Sanktionen gegen Russland.
- Dazu gehören China, Indien, Brasilien, Türkei, Indonesien, Mexico sowie Südafrika und diverse andere afrikanische Staaten
- Meist Länder die in der Vergangenheit nicht unbedingt positive Erfahrungen mit den USA/Europa gemacht haben (und was Menschenrechte betrifft Russland „näher stehen“)
- Indien hat bereits zugesagt billiges russisches Gas zu kaufen, China könnte folgen
- Interessanter Bericht: Emerging Post-American World
Es bleibt abzuwarten, wie eine neue Weltordnung am Ende aussieht, wahrscheinlich ist dass der US-Dollar an Einfluss verlieren wird.
Welche Anlagethemen profitieren?
Ähnlich wie durch die Covid Krise das Thema Digitalisierung beschleunigt wurde, wirkt der jetzige Krieg als Katalysator und Beschleuniger für folgende Anlagethemen:
- Erneuerbare Energien
- Elektromobilität
- Kryptowährungen
- Rohstoffe (insbesondere die für den Ausbau erneuerbarer Energien wichtig sind)
Anleihen / Zinsen
Wie vermutet sind die Zinsen durch die Notenbankwende angestiegen.
Die Kurse von Staatsanleihen haben dadurch deutlich nachgegeben.
Die Rendite 10-jähriger US-Staatsanleihen hat sich von 1,63% Anfang Januar auf 2,34% erhöht.
Die Rendite 10-jähriger deutscher Staatsanleihen ist von -0,18% Anfang Januar auf 0,66% gestiegen.
Dieser Trend wird sich sehr wahrscheinlich im Jahresverlauf weiter fortsetzen.
Inflation / Geldpolitik
Eine Entspannung der Inflation ist durch den Krieg nicht in Sicht.
Es wird davon ausgegangen, dass sich die Zahlen weiter verschärfen, bevor es zu einer Entspannung kommen kann.
US-Inflation Februar: 7,90%, Prognose für März: 7,90% (April 8,20%)
Inflation Europa Februar: 5,90%, Prognose für März: 6,10%
Inflation Deutschland Februar: 5,10%, Prognose für März: 7,30%
Die FED hat im März, wie erwartet, die erste Zinsanhebung durchgeführt und den Leitzins auf 0,25%-0,50% angehoben.
FED Chef Jerome Powell macht weiter deutlich, dass die FED bereit ist Zinsen stark zu erhöhen, um die Inflation zu bekämpfen.
Es werden in 2022 sieben Zinsschritte mit je 0,25% erwartet, was den Leitzins am Ende 2022 auf über 2% bringen würde. In 2023 könnte der Zins dann auf sogar auf 3,25-3,50% steigen.
Unter Berücksichtigung der erhöhten Inflation ist zu bedenken, dass der Realzins dann immer noch negativ wäre.
Powell betont gleichzeitig jedoch auch, dass die wirtschaftlichen Entwicklungen eng beobachtet werden und ein starker Arbeitsmarkt und eine gut laufende Wirtschaft Voraussetzung für solch eine harte Linie sind.
Die europäische Zentralbank (EZB) lässt ihr Anleihen Ankaufprogramm auslaufen und ist damit formal ebenfalls bereit den Leitzins anzuheben.
Durch die negativen Auswirkungen des Kriegs ist dieser Schritt jedoch sehr unwahrscheinlich.
Die europäische Wirtschaft wird durch den Krieg besonders hart getroffen, so dass weiterhin davon auszugehen ist, dass sich die europäische Wirtschaft deutlich schlechter entwickeln wird, verglichen mit den USA.
Viele Asset Manager reagieren und reduzieren den Europa Anteil in Ihren Depots.
Konjunktur
Die Prognose für das Wirtschaftswachstum 2022 wurde in den USA von zuvor 4% auf 2,80% revidiert.
In Deutschland haben die Wirtschaftsweisen Ihre Prognose von 4,6% (November) auf aktuell 1,80% revidiert.
Die hohe Inflation könnte in den USA zu mehr Zurückhaltung beim privaten Konsum führen, was sich negativ auf die Wirtschaft auswirken könnte.
Der Michigan Consumer Sentiment Index zeigt einen deutlichen Rückgang des Verbrauchervertrauens.
Es besteht ebenfalls die Gefahr, dass die US-Immobilienpreise durch die starken Zinserhöhungen fallen könnten. Diese sind in der Vergangenheit immer ein starker Rückhalt für den privaten Konsum gewesen.
In Europa haben besonders die hohen Energiepreise negative wirtschaftliche Auswirkungen.
Der deutsche IFO Index sinkt von 98,5 (Februar) auf 90,8 Punkte im März.
Gold / Silber
Entwicklungen in 2022 in USD:
Gold: +5,4%
Silber: +6,0%
Entwicklungen in 2022 in EUR:
Gold: +7,4%
Silber: +8,0%
Die Preise von Gold und Silber haben deutlich von der Krise profitiert.
Viele Anleger sind, wie meistens in Krisenzeiten, in die Edelmetalle geflüchtet.
Rohstoffe
Entwicklung 2022:
Öl (WTI) in USD: +51,10%
Öl (WTI) in EUR: +53,10%
Der Ölpreis hat stark zugelegt im ersten Quartal. In der Spitze Anfang März lag dieser bei 130 USD (WTI) bzw. 140 USD (Brent).
In der zweiten März Hälfte hat der Preis dann wieder nachgegeben.
Durch den hohen Exportanteil der Ukraine von Weizen, hat sich unter den Agrarrohstoffen besonders der Weizenpreis stark erhöht.
Öl, Gas & Weizen sind einige der wichtigen Exportgüter der Ukraine und Russlands.
Folgende Grafiken geben einen guten Überblick, über die globalen Exporte von Russland und der Ukraine.
In Zukunft dürften vor allen Dingen seltene Erden und andere Industrierohstoffe, die für den Ausbau erneuerbarer Energien benötigt werden, sehr gefragt sein und im Preis weiter steigen.
Währungen
EUR/USD 2022: -2,58%
Aufgrund der angekündigten strafferen Geldpolitik der US-Notenbank war der US-Dollar im ersten Quartal sehr stark und konnte weiter zulegen.
Der Euro und auch andere globale Währungen haben gegenüber dem US-Dollar nachgegeben.
Kryptowährungen
BTC 2021 in USD: -2,15%
ETH 2021 in USD: -11,28%
Zu Jahresbeginn wurde der Preisrückgang von Ende 2021 weiter fortgesetzt.
Investoren haben sich von allen „Risikoassets“ getrennt, so auch von Bitcoin, Ethereum & Co.
Im Quartalsverlauf hat jedoch eine Bodenbildung stattgefunden und nach Ausbruch des Krieges konnten sich Kryptowährungen fast wieder auf das Niveau vom Jahresanfang erholen.
Folgende Faktoren dürften in den kommenden Quartalen weiter unterstützend wirken:
- Krieg hat praktischen Nutzen deutlich aufgezeigt
- Nutzerzahlen steigen weiter rapide an
- Staaten & Notenbanken erkennen den Nutzen der vom Bankensystem unabhängigen digitalen Währungen
- Anstehende Systemumstellung von Ethereum im Sommer (Umstellung von „Proof of Work“ zu „Proof of Stake“) verbessert Energiebilanz (-97%) und verknappt extrem die Erstellung neuer Coins (-90%)
- könnte zu Angebotsschock führen und die Preise rapide steigen lassen
- sehr großes Interesse von institutionellen Investoren
Fazit
Eine Einschätzung der Zukunft war selten so schwierig wie aktuell.
Es steht und fällt alles mit der weiteren Entwicklung des Kriegs und wie sich die Welt danach neu ordnet.
Durch den starken Anstieg seit Mitte März gehen die Märkte aktuell eher davon aus, dass wir das Schlimmste hinter uns haben.
Sowohl was Pessimismus als auch Tiefststände an den Märkten angeht.
Auch rein statistisch betrachtet, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass wir nach solch einem schlechten Jahresstart eher bessere Quartale vor uns haben.
Dennoch können weitere geopolitische Überraschungen und Konflikteskalationen das Stimmungsbild jederzeit wieder kippen lassen.
In solch unsicheren Zeiten ist es umso wichtiger sich die Frage zu stellen, ob man von den Anlagen in seinem Depot langfristig weiterhin überzeugt ist.
Grundsätzlich zahlt sich in solchen Börsenphasen eine breite Streuung sowie eine ausgewogene Vermögensstruktur aus.
In den sich abzeichnenden Szenarien (zwischen – hoher Inflation – geringes Wirtschaftswachstum bei tendenziell niedrigen Zinsen) bleibt eine Investition in Aktien langfristig ohne Alternative.
Es gilt jetzt, die sehr dynamischen Entwicklungen weiter zu beobachten und bei sich bietenden Gelegenheiten nachzukaufen.
Die bereits zu Beginn genannten Anlagethemen dürften, unabhängig von kurzfristigen Schwankungen, zu den langfristigen Gewinnern gehören und stellen somit (je nach Risikoneigung) sehr sinnvolle Depotbeimischungen dar.
- Erneuerbare Energien
- Elektromobilität
- Kryptowährungen
- Rohstoffe (insbesondere die für den Ausbau erneuerbarer Energien wichtig sind)
- Digitalisierung
Dies ist der erste Quartalsbericht, den ich nach dem Kriegsbeginn verfasse. Bei dem vielen menschlichen Leid und dem großen Ausmaß an Zerstörung, fällt es nicht leicht mit einer nüchternen Analyse auf die Dinge zu schauen.
Es grüßt Sie herzlich
Ihr Bijan Kholghi